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www.long-covid-forschung.de ist eine private Webseite, die Information zu Forschungsprojekten
über long Covid sammelt und kommentiert. Es geht darum, Hintergründe und Forschungen
zu möglichen Therapieansätzen zu beleuchten und zu diskutieren.
Achtung: Diese Seite stellt keine medizinische Beratung dar. Es handelt sich
die Betrachtung grundsätzlicher Forschung!
Im besonderen Interesse steht mein eigenes
Forschungsprojekt, das zum einen zur Entwicklung eines einfachen Tests auf long-Covid
(nicht ausschließend) und zum anderen zu einer möglichen Therapie von long-Covid
beitragen soll.
Einleitung
Bald nach dem Auftreten der ersten Covid-19-Fälle wurde von Krankeitsverläufen berichtet,
bei denen es zu anhaltenden Symptomen kam - nach Abklingen der Akutinfektion. Diese anhaltenden
und sehr unterschiedlichen Beschwerden (Art, Dauer, Intensität) wurden bald unter dem
Begriff long-Covid zusammengefasst. Zu den prominenteren Beschwerden gehören
Erschöpfung (Fatigue), Kurzatmigkeit, allgemein geringe Belastbarkeit, Kopfschmerzen und Fieber.
Im Verlauf der Zeit wurde weiter unterschieden zwischen long-Covid und post-Covid.
Letzterer Begriff wird für Beschwerden verwendet, die länger als 3 Monate andauern.
Letztlich ist die begriffliohe Abgrenzung nicht ganz einheitlich und (aus naturwissenschaftlicher
Perspektive) vielleicht auch gar nicht so wichtig.
2021 und 2022 ist bereits viel zu long-Covid geforscht worden. Es ergibt sich mittlerweile ein
recht umfassendes Bild zu den Abläufen der Krankheit. Auch die (teilweise) Zusammenführung
mit ME/CFS hat das Bild insgesamt erweitert und die Forschung weiter gebracht. Das Krankheitsbild ist jedoch
sehr komplex und kann gewiss nicht nur auf einen Faktor zurückgeführt werden.
Dennoch wird hier im Folgenden vor allem auf den Aspekt der Gerinnungsstörungen
eingegangen (insbesondere sei hier auch auf weitere Wechselwirkungen mit dem Immunsystem
verwiesen).
Bei der Akuterkrankung von Covid-19 tritt eine vermehrte Thrombosenbildung auf. Diese sind auch
eng mit den schweren Krankeitsverläfen verknüpft (z.B. Lungenembolie).
Gerinnsel wurden aber auch bei Patienten gefunden, bei denen die Akuterkrankung abgeklungen
war. Die Gerinnsel sind überwiegend klein (typisch 1µm-200 µm) weisen zum Teil
geänderte, stabilere Raumstrukturen auf, haben eine entzündungsfördernde
Wirkung und fördern die Bildung von Autoantikörpern. Die zentrale Rolle
spielt dabei das Spikeprotein von SARS-CoV2. Dieses ist primär für die initiale
Thrombosenbildung im Zusammenhamg einer Coronainfektion verantwortlich. Die Thromben können
eine starke Immunanatwort auslösen, welche ihrerseits zur weiteren Bildung von
Mikrogerinnseln beiträgt; es liegt eine positive Rückkoppelung vor.
long-Covid/post-Covid scheint grundsätzlich in mindstens zwei Manifestationen vorzukommen
(die aber über das Spikeprotein wiederum zusammenhängen):
Als unmittelbare Folge der direkten (schwereren) Covid-19 Krankheitsverläufe
(v.a. Schädigungen der Lunge) oder als eine durch Mikrogerinnsel verursachte
Gefäßerkrankung mit weitreichenden Entzüdungsreaktionen (häufig
nach milden Verläufen). Das besondere Augenmerk dieser Seite liegt auf der Beziehung
von Mikrogerinnseln, Autoantikörpern und Covid-19.
Grundlagenforschung
In den letzten Monaten wurden einige vielversprechende und interessante Ergebnisse
veröffentlicht. Aus meiner Sicht am interessantesten sind die Erkenntnisse von Etheresia
Pretorius, Lize Grobbelaar, Douglas Kell (et al.) von der Universtät Stellenbosch,
Südafrika. Die Forschungsgruppe fokussiert sich auf die Covid-19
induzierten Gerinnungsstörungen. Hierzu ist ein recht umfangreiches und die
Zusammenhänge schlüssig und gut darstellendes Review-Paper erschienen (Kell, Laubscher
und Pretorius, 2022). Pretorius et al. forschen vor allem an den Ursachen und Zusammenhägen
der Erkrankung.
Therapieansätze
Der grundsätzliche Therapieansatz der sich aus den Ergebnissen von Pretorius et al. ableitet,
ist einfach und konsequent. Die Gerinnsel müssen entfernt werden! Hier setzt mein Forschungsansatz zur Therapie an. Die Gerinnsel sollen dabei mit
Enzymen in vivo aufgelöst werden.
Ein weiterer, mittlerweile einigermaßen populärer Ansatz, ist die extrakoporale Entfernung
der Gerinnsel aus dem Blut. Dieser Ansatz wird u.a. von Beate Jäger aus Mühlheim/Ruhr
verfolgt.
Frau Jäger setzt dabei auf die H.E.L.P-Apherese, bei der Mikrogerinnsel aus dem Blut
entfernt werden. Mittlerweile bieten einige Praxen/Kliniken diese Leistung an. Es gibt zahlreiche
positive Berichte zu diesem Ansatz, eine Peer-Review-Studie ist hierzu noch nicht
veröffentlicht. Die Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz sind lang und die Kosten werden
nicht übernommen. Diesen Ansatz stufe ich grundsätzlich als sehr
vielversprechrend und vom generellen Ansatz als gut designt ein. Schwierig ist, dass hier venöses
Blut entnommen und gereinigt wird. Es ist anzunehmen, dass die in den Kapillaren verfangenen
Gerinnsel hiervon nicht erfasst werden, was den möglichen Therapieerfolg u. U. deutlich
schmälern kann.
Ein weiterer sehr vielversprechender Ansatz und ebenso mittlerweile einigermaßen bekannt ist
der Einsatz des Wirkstoffkandidaten BC007 der Firma Berlin Cures. BC007 ist ein Wirkstoff, der auf
Autoantikörper wirkt und diese eliminiert. Erhöhte Autoantikörperwerte sind
bei long-Covid-Patienten gefunden worden. Erste Untersuchungen wurden von
Bettina Hohberger (Erlangen) durchgeführt und es zeigten sich - ähnlich wie der der
H.E.L.P-Apherese - gute Ergebnisse. Auch zu diesem Ansatz sind noch keine Ergebnisse in
wissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert. Berlin Cures bemüht sich um eine
größere Studie, es scheint hier aber zu Verzögerungen zu kommen.
Es ist grundsätzlich die Frage, ob die erhöhten Autoantikörperwerte unmittelbar durch
die Virusinfektion oder indirekt über Immunreaktionen mit den Mikrogerinnseln hervorgerufen
werden. Es deutet einiges darauf hin, dass die speziellen, vom Spikeprotein ausgelösten und
besonders stabilen Mikrogerinnsel zur Erhöhung des Autoantikörperwertes beitragen.
Da ich von einem positiven Rückkoppelungseffekt bei der Bildung von Mikrogerinnseln und von
Autoantikörpern ausgehe, sind beide Therapieansätze vielversprechend. Je nach
Vorerkrankung (z.B. Autoimmunerkrankungen) und jeweiligem Gesundheitsstatus
mögen sich die Effektvitäten der Ansäzte individuell unterscheiden, ggf. ist
eine kombinierte Behandlung (Entfernung der Mikrogerinnsel und Entfernung der
Autoantikörper) zielführend.
Es gibt auch den Ansatz, die Autoimmunantikörper mit einer Blutwäsche zu entfernen, auch dieser
Ansatz erscheint vielversprechend.
Außer den beiden oben kurz skizzierten Ansätzen gibt noch weitere Therapieansätze,
wie z.B. eine Sauerstoffüberdruckbehandlung. Mit den
Erkenntnissen zu den Mikrogerinnseln, erachte ich diese Ansätze aber als eher weniger
aussichtsreich um zu einer anhaltenden Besserung zu füren.
Einschätzung
Prinzipiell stellen sich meiner Sicht zur Zeit zwei Angriffspunkte zur aktiven Therapie von
long-Covid als vielversprechend dar.
1. Entfernung der Mikrogerinnsel
2. Entfernung/Neutralisation von Autoantikörpern.
Wahrscheinlich hängt es von dem individuellen Verlauf und Prädispositionen ab, welcher
Ansatz im Einzelfall der effektivere ist, beide Ansätze hängen auch zusammen.
Mikrogerinnsel können grundsätzlich auf drei Arten entfernt werden:
- durch Herausfiltern(1A)
- Unterbindung der Gerinnselneubildung (1B)
- Auflösen (1C).
1a: Das Herausfiltern stellt das zu Grunde liegende Prinzip beim Einsatz der Apherese dar. Dieser
Ansatz ist sehr straight forward, allerdings ist das kapillare Blut (mindestens teilweise)
schwierig zu erreichen). Diese Therapie benötigt einen mittleren technischen und
finanziellen Aufwand.
1B. Ein Verhindern der Bildung neuer Gerinnsel wird von Pretorius et al. durch länger
anhaltende Gabe von bekannten gerinnungshemmenden Mitteln (Acetylsalicylsäre, Clopidogrel,
Apixaban) vorgeschlagen. Diese Therapie setzt auf den (langsamen) natürlichen Abbau
der Mikrogerinnsel, während die kontinuierliche, gleichzeitige Neubildung von Mikrogerinnseln
durch die Medikamente unterbunden wird. Die Behandlung dauert und muss überwacht werden, da
auftretende (innere) Blutungen während der Therapie gefährlich sein können.
1C: Bei meinem Forschungsansatz steht die Auflösung
der Gerinnsel durch Gabe von lysierenden Enzymen im Vordergrund. Die Wirkgeschwindigkeit
des Enzymes ist nicht besonders schnell und benötigt eine Inkubationszeit von einigen Tagen.
Eine Kombination aus 1B (kürzer und geringer dosiert) und 1C, bzw 1A und 1B und/oder 1C ist
denkbar und könnte sich positiv verstärken.
Positive Fälle für die Ansätze 1A und 1B wurden exemplarisch bereits gezeigt.
Für Ansatz 1C konnten bisher nur wenige Vorversuche durchgeführt werden. Ich
vermute aber, dass dieser Ansatz eine positive Wirkung hat. Gleichwohl muss zum
gegenwärtigen Stand auch damit gerechnet werden, dass sich kein positiver Effekt zeigt.
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Literatur
Grobbelaar, Lize M., et al. "SARS-CoV-2 spike protein S1 induces fibrin (ogen)
resistant to fibrinolysis: implications for microclot formation in COVID-19."
Bioscience reports 41.8 (2021).
Kell, Douglas B., Gert Jacobus Laubscher, and Etheresia Pretorius. "A central role
for amyloid fibrin microclots in long COVID/PASC: origins and therapeutic implications."
Biochemical Journal 479.4 (2022): 537-559.
Pretorius, Etheresia, et al. "Persistent clotting protein pathology in Long COVID/Post-Acute
Sequelae of COVID-19 (PASC) is accompanied by increased levels of antiplasmin." Cardiovascular
diabetology 20.1 (2021): 1-18.
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